Saal Kloster Mariastein

Testimonials von Teilnehmenden der Summer School 2019

Es waren sehr lehrreiche Tage an einem sehr angenehmen Ort. Ein gut organisierter Ablauf mit vielfältigen Inhalten. Die Motivation und Begeisterung der Teilnehmer*innen und wie sie sich der Sache hingegeben haben, waren beeindruckend. Vor allem aber der sehr positive Umgang miteinander bleibt mir in guter Erinnerung. Herzlichen Dank!

Die foχs Summer School gehört zu jenen Erfahrungen, die ich mir in der Wissenschaft gerne häufiger organisieren würde: Tiefgehende, kritische Diskussionen in einer kleinen interdisziplinären Gruppe und wertschätzenden, konzentrierten Atmosphäre. Das macht nicht nur Freude, sondern erweitert auch die eigenen Perspektiven.

Gegen Ende jedes Semesters freue ich mich auf die Ferien. Obwohl ich neben dem Studium 40% arbeite, wird es mir in der vorlesungsfreien Zeit dann aber doch etwas zu ruhig. Ich habe sehr von der foχs Summer School 2019 profitiert. Mir begegneten fachliche, interdisziplinäre Kompetenz aller Ausbildungsstufen, vom Bachelor-Student bis zum Professor. Ebenso soziale Kompetenz im Für- und Miteinander, dem Interesse aller Teilnehmer von- und miteinander zu lernen und zu lehren –respektvolle und interessierte Begegnung auf Augenhöhe. Diese Summer Schoolwar eine Bereicherung auf fachlicher wie auch persönlicher Ebene.

Die Summer School ‚Bildung und Religion in der Weltgesellschaft’ war für mich eine große Bereicherung. Insbesondere die interdisziplinäre Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat vielfältige Perspektiven eröffnet und unterschiedliche Weisen der Annäherung an ein Thema aufgezeigt, wodurch sich mein Blick und Denken in der Wissenschaft erweitert hat. Nicht zuletzt trug die gute Atmosphäre zu anregenden Gesprächen und Diskussionen auch außerhalb des formellen Rahmens bei.

Die foχs Summer School hat mich herausgefordert, über den Tellerrand der eigenen Disziplin zu blicken. In einer äusserst anregenden und produktiven Atmosphäre durfte ich viel Neues Lernen aber auch mein eigenes Wissen in die Diskussion einbringen.

Bericht zur foxs-Summer School 2019 im Kloster Mariastein

Diskussion vor Flipchart

Bildung und Religion in der Weltgesellschaft – so hiess der Titel der diesjährigen foχs-Summer School, der ersten überhaupt. „Bildung – ein kulturelles Erbe für die Weltgesellschaft“ lautet auch der Buchtitel eines Werks von Prof. Dr. Wolfgang Sander, unseres Hauptreferenten. Die Ausgangslage ist damit schon zusammen-gefasst: Während der deutsche Ausdruck ‚Bildung‘ auf eine spezifische, von Wilhelm von Humboldt begründete pädagogische Tradition verweist, gilt es in der Weltgesellschaft des 21. Jahrhunderts einen Konsens darüber zu finden, was denn der Inhalt von Bildung sein soll. Längst gibt es nämlich Vereinheitlichungstendenzen, die sich auf ein technokratisches, dem Nützlichkeitsdenken verpflichteten Bildungs-verständnis stützen und die von einer im Westen ausgebildeten Hochschul-verwaltungselite weltweit vorangetrieben werden.

Ein demokratisch legitimierter, weltumspannender Bildungsbegriff

Diese Entwicklung läuft ohne demokratische Legitimation ab, so dass es höchste Zeit ist, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie denn ein demokratischer Bildungsdiskurs ablaufen müsste. Sander greift dafür auf die vom amerikanischen Philosophen John Rawls entwickelten Konzeption eines „overlapping consensus“, deutsch als „übergreifender oder besser überlappender Konsens“ wiedergegeben, zurück.

Alle grossen Bildungstraditionen, die auf je verschiedene Weise die Idee der Universalität ausgebildet haben, diskutieren, was denn ein ihre jeweiligen Eigenheiten über-steigender weltumspannender Kern von Bildung sein könnte. Danach bauen sie diesen Kern in ihre je verschiedene Wirklichkeit ein. Es erfolgt also keine Einebnung ihrer Besonderheiten und doch soll ein Konsens in Grundfragen erzielt werden können.

Spezifische Bildungstraditionen und die Dominanz des szientistischen Weltbildes

An der Tagung wurden denn auch spezifische Bildungstraditionen vorgestellt: die katholische durch Francesco Papagni, die neocalvinistische durch Johannes Corrodi sowie die naturalistisch-szientistische durch die Vorträge von Reto Gubelmann und Matthias Egg. Letztere gaben viel zu diskutieren, hat doch das naturalistisch-szientistische Weltbild Konjunktur, vor allem im Westen, aber nicht nur. Kurz gesagt vertritt es die These, dass es nur natürliche, also naturwissenschaftlich beschreibbare Gegenstände gibt. Die Naturwissenschaft ist dann die einzig rationale Beschreibung der Welt, aus ihr folgen auch Handlungsanweisungen. 

Greta Thunbergs Foto von ihrer Atlantiküberquerung ist sprechend: unite behind the science steht auf ihrer Jacke. Wer sich naturwissenschaftliche Aussagen zu eigen macht, weiss auch, was zu tun ist – so die Botschaft. Dass Naturwissenschaften und ihre technischen Anwendungen den Klimawandel erst möglich gemacht haben, diese Ambivalenz hat im Diskurs des Klimaprotests keinen Platz.Nun würde niemand leugnen wollen, dass die Naturwissenschaften sich als enorm leistungsfähig erwiesen haben. Durch ihre technischen Folgen haben sie auch das Leben besser gemacht, man denke nur an die Medizin. In dieser Debatte geht es jedoch um etwas anderes: die Frage lautet, ob die naturwissenschaftliche Beschreibung der Welt diese erschöpfend beschreibt.

Die Erste- und Zweite-Person-Perspektive

Johannes Corrodi wies auf den springenden Punkt hin, indem er nach dem Subjekt fragte. Subjekte, oder anders gesagt, Personen, kommen in einem naturalistisch-szientistischen Weltbild bloss in einer objektivierenden Weise zur Sprache. Die Erste- und die Zweite-Person-Perspektive können nicht adäquat in einer Welt von Objekten situiert werden. Naturalisten haben ihre liebe Mühe mit Phänomenen wie Bewusstsein, Intention, Freiheit, Anerkennung. Diese werden wahlweise als Epiphänomene oder als Illusion bezeichnet.

Alle Bildung, die dem Humanismus verpflichtet ist, sei dieser ein Humanismus Humboldt’scher Prägung, ein christlicher oder auch ein laizistischer, sieht sich heute einem Zangenangriff ausgesetzt. Der technokratisch-neoliberale Ansatz leugnet den Nutzen einer solchen Bildung – dadurch, dass sie mit Zielen wie der Ausbildung von Selbstreflexion verknüpft ist, die nicht quantitativ messbar sind, erregt sie Argwohn – , der naturalistisch-szientistische Ansatz hält diesen Bildungsbegriff für anachronistisch und nicht mehr auf der Höhe heutiger wissenschaftlicher Diskussion.

Bildung darf nicht zur Ersatzreligion werden

In der Wissensgesellschaft ist immer mehr Eigeninitiative, Kreativität, Fähigkeit zur selbständigen Problemlösung und auch kritisches Denken gefragt. Werden solche Eigenschaften nicht genau von der angefeindeten humanistischen Bildung gefördert? Ein Teilnehmer setzte einen Kontrapunkt, indem er aus seinen Erfahrungen mit japanischen Forschergruppen erzählte, die ganz anders als westliche funktionieren. Selbständigkeit und Kritik sind dort der Gruppe, die nach Anciennität strukturiert ist, untergeordnet und doch erzielen japanische Forschergruppen Spitzenleistungen. Das sollte uns zur Zurückhaltung mahnen, wenn wir allzu selbstgewiss annehmen, dass humanistische Bildung allseligmachend sei. Auch Wolfgang Sander warnt davor, Bildung als Ersatzreligion zu betrachten. Dass die vielzitierten ‚Potentiale‘ des Menschen auch Potentiale zum Bösen sind, hat die Geschichte insbesondere des 20. Jahrhunderts zu Genüge gezeigt. Immerhin hatten Himmler, Göbbels, Speer und andere führende Nazis das deutsche Gymnasium durchlaufen. Es ist eine Stärke namentlich des christlichen Humanismus, von Anfang an mit der Sündhaftigkeit, moderner gesprochen mit der Korrumpierbarkeit des Menschen zu rechnen.

 Bildung heisst dann, die guten Potentiale zu fördern und die bösen im Zaum zu halten. Der christliche Humanismus hat dafür auch Lehrinhalte zur Anwendung gebracht wie z.B. die Tugendlehre, die schon lange vor der Entstehung des Christentums durch Aristoteles systematisiert wurde.

Spannend wäre es nun, die Diskussion mit Vertretern verschiedener religiös-weltanschaulicher Traditionen weiterzuführen, die aus Ihrer Perspektive ein Verständnis von Bildung entwickeln. Zu denken gibt auch die Bemerkung eines Teilnehmers mit muslimischem Hintergrund, dass die Konfliktlinie hinsichtlich der Zukunft von Bildung möglicherweise nicht zwischen den Religionen verläuft, sondern zwischen Szientismus und Theismus. Die Konzentration auf ein Thema über mehrere Tage an einem so förderlichen Ort wie Mariastein, die intensiven, hochstehenden Diskussionen und nicht zuletzt die gute Atmosphäre in der Gruppe haben die foχs-Summer School zu einem Erfolg werden lassen.


Francesco Papagni

Bildung und Religion in der Weltgesellschaft

Was haben sich Bildung und Religion in einer ökonomisch und kulturell zunehmend globalisierten Welt zu sagen? Ist Bildung blosses Mittel zu einem bestimmten Zweck? Religiöse und humanistische Bildungsverständnisse haben immer wieder Einspruch gegen eine solche Sichtweise erhoben. Zugleich stehen diese beiden Auffassungen von Bildung in einem Spannungsverhältnis. Die Summer School soll das Potential von Religion für ein umfassendes Bildungsverständnis jenseits von politisch-ökonomischer Indienstnahme und szientistischen Reduktionismen ausloten.

 

Prof. Dr. Wolfgang Sander (Justus-Liebig-Universität Giessen) wird uns in seine neuere Forschung zum Thema Bildung in der Weltgesellschaft einführen und es von seinen verschiedenen Aspekten her beleuchten. Dazu bringt er seine profunden Kenntnisse der interreligiösen und interkulturellen Herausforderungen in Anschlag.

Sanders These, wonach Bildung auf religiöse Bezüge angewiesen bleibt, soll imKontext verschiedener Glaubens- und Denktraditionen diskutiert werden. Dazu dienen zusätzliche Referate zu folgenden Themen:

  • Potential und Grenzen eines naturalistisch-szientistischen Bildungsbegriffs (Dr. Matthias Egg, Universität Bern; Dr. des. Reto Gubelmann, Universität St. Gallen)

  • Die römisch-katholische Bildungstradition des 20. Jahrhunderts (lic. theol. Francesco Papagni)

  • Die neo-calvinistische Denktradition der Reformational Philosophy und ihr Bildungsverständnis (PD Dr. Johannes Corrodi Katzenstein, Universität Zürich)

Neben den Referaten sorgen Gruppendiskussionen, informelle Beiträge derTeilnehmenden und der persönliche Austausch für die nötige Vertiefung des Themas. Besonderen Wert legen wir dabei auf die Verständigung über die disziplinären Grenzen hinweg.

Die Summer School richtet sich an fortgeschrittene Studierende, Doktorierende und AbsolventInnen aller Fachrichtungen, die bereit sind, sich eingehend mit geistesgeschichtlichen und theologischen Zusammenhängen auseinanderzusetzen.

Ort: 
Kloster Mariastein, Klosterpl. 1, 4115 Mariastein

Dauer:
Mo 26. August, 14.00 bis Do 29. August 2019, 14.00

Kosten: 
400 sFr./250 sFr. Studierende und Geringverdienende. Beinhaltet Kurskosten, Unterkunft und alle Mahlzeiten

Anmeldung:
Bis 31. Mai 2019 an summerschool2019@foxs.ch

Die Teilnehmerzahl ist auf 10 Personen beschränkt. Bitte kurzes CV und Motivationsschreiben beilegen. Teilnahmebestätigung erfolgt Anfang Juni 2019

 

ECTS-Punktevergabe für Doktorierende nach Absprache mit der zuständigen fakultären Kommission